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Als Schüler Position beziehen

Johannes. Foto: @ IASS Potsdam

In der DDR waren freie Meinungsäußerungen und Kritik am politischen System oder an politischen Funktionsträgern nicht möglich, ohne mit sozialer und gesellschaftlicher Ausgrenzung, politischer Bedrohung und Haft rechnen zu müssen. Dennoch gab es viele Menschen, die ihre Skepsis und ihre Opposition zur SED-Führung in kleinen Kreisen äußerten und in ihren Familien offen sprachen. Auch Johannes, der 1982 in Dresden geboren wurde, kommt aus so einer Familie. Er nutzte nach der Wiedervereinigung die neuen Freiräume in der Demokratie und engagierte sich schon als Schüler politisch.

„Es wäre ein völlig anderes Leben gewesen, hätte die DDR weiterhin bestanden. Aber da der Mauerfall eben schon 1989 kam, konnte ich einen völlig anderen Pfad einschlagen, als noch meine Eltern und Großeltern. In den 1990er-Jahren, den Umbruchsjahren, war ich ein Jugendlicher und meine Familie unterstützte mich darin, die sich mir bietenden Freiheiten zu nutzen. Ich war Klassensprecher, Schülerzeitungsredakteur und auch Austauschschüler. Nach und nach wurde ich politischer. Ich erinnere mich, dass wir uns als Jugendliche politisch zwischen links und rechts einteilten.
Eine wichtige Episode illustriert vielleicht, wie ich das Loslösen von meinen Eltern und den Erwachsenen überhaupt erlebte: Eines Tages flog ein Freund von mir von der Schule, weil er angeblich gedroht hatte, eine Lehrerin zu erschießen. Das war in jeder Hinsicht Quatsch und wir organisierten einen Protest der Schülerschaft. Nach einer Woche war mein Mitschüler dann aufgrund einer einstweiligen Verfügung wieder da und die ganze Schule in Aufruhr. Wir hatten Schüler- und Elternversammlungen, auf denen wir von den „Autoritäten“ forderten, als Schülerschaft hier eine Mitsprache eingeräumt zu bekommen. Am Ende wurde eine Ethikkommission aus Lehrkräften, Eltern sowie Schülerinnen und Schülern eingerichtet. Der Schüler blieb, die Lehrerin verschwand leider und die Direktorin grollte mir Jahre später noch in der mündlichen Deutschprüfung. Ich hatte das Gefühl, dass wir einen Erfolg errungen hatten, indem wir unsere Positionen gemeinsam artikulierten. Dieser Geist von damals ist bis heute etwas Besonderes für mich.“

Weitere Informationen zu Johannes sind hier zu finden: Zeitenwende-Lernportal.de: Johannes

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