Tipps für
die Projektbegleitung
Mauerfall, Friedliche Revolution und deutsche Einheit liegen fast 35 Jahre zurück und sind für Jugendliche heute Ereignisse aus den Geschichtsbüchern. Themen wie die Folgen der Transformation und die sogenannte Nachwendegeneration sind aber medial weiterhin sehr präsent.
Der Wettbewerb ist für Sie und Ihre Schülerinnen und Schüler oder Jugendgruppe eine hervorragende Gelegenheit, sich individuell und interessensgeleitet der deutsch-deutschen Geschichte zu nähern. Jugendliche können im Wettbewerb auf eigene Spurensuche gehen und herausfinden, was die Umbrüche nach 1989/90 noch mit ihrer Gegenwart zu tun haben.
Im Wettbewerb gibt es Preisgelder bis zu 3.000 Euro und die Reise nach Berlin zur Preisverleihung zu gewinnen. Alle teilnehmenden Gruppen müssen aus mindestens zwei Jugendlichen bestehen und von einer volljährigen Projektbegleitung registriert werden.
Auf dieser Seite finden Sie weiterführende Informationen zur Transformationszeit, Inspirationen und Anregungen, wie der Wettbewerb mit den aktuellen Lehrplänen verknüpft werden kann.
Informationen für die Projektbegleitung
Die Rolle der Projektbegleitung
Jede Gruppe benötigt eine volljährige Ansprechperson, die an einer Schule oder anderen Institution angebunden ist und die Gruppe bei ihrer Arbeit begleitet. Sollte ihre Gruppe untern den Preisträger/-innen sein, reisen Sie zusammen mit der Gruppe zur großen Preisverleihung nach Berlin!
Projektbegleitung von Jugendlichen mit Beeinträchtigung
Der Jugendwettbewerb richtet sich ausdrücklich an alle Jugendlichen zwischen 13 und 19 Jahren, unabhängig von der besuchten Schulform. Um eine Teilnahme für Jugendliche mit (sonderpädagogischem) Förderbedarf zu ermöglichen, kann die Wettbewerbsteilnahme an die Voraussetzungen und Bedürfnisse der Gruppe angepasst werden. In diesem Fall weiß die Projektbegleitung oft am besten, welche Unterstützung bei der Erstellung eines Wettbewerbsbeitrages nötig ist. Das Projektbüro steht gerne für alle Rückfragen zum Wettbewerbsbeitrag oder Projektbericht und zum Austausch zur Verfügung.
Auch die Jury berücksichtigt bei der Bewertung der Beiträge neben dem Alter, der Gruppengröße und Schulform auch die individuellen Voraussetzungen der Jugendlichen.
Informationen zur aktuellen Wettbewerbsrunde finden Sie auf unserer Website auch in Leichter Sprache.
Zur inhaltlichen Einführung empfehlen wir das Unterrichtsmaterial „Deutsche Einheit Inklusiv“ mit verschiedenen Themenmodulen zur deutschen Wiedervereinigung und Einheit in Einfacher Sprache.
Bezüge zum Lehrplan
Der Wettbewerb lässt sich in vielfältiger Weise und fächerübergreifend in die Lehrpläne integrieren.
Sowohl inhaltlich, als auch methodisch kann er das Unterrichtsprogramm bereichern. Auf dieser Seite stellen wir für Sie eine Auswahl an Lehrplanbezügen her. Diese beziehen sich hauptsächlich auf die Fächer Geschichte und Sozialkunde/ Politik/ Wirtschaft/ Gesellschaft, während natürlich auch Bezüge zu anderen Fächern wie Erdkunde, Deutsch oder Kunst hergestellt werden können. Inhaltlich bietet es sich an, den Wettbewerb in die Module einzubauen, die sich mit
- dem Ende des „Kalten Krieges“,
der deutschen Einheit, - Nationalismus und (nationalen) Identitäten,
- Migration, (Des-)Integrationsprozessen,
- sozialem Wandel und sozialen Ungleichheiten,
- Technisierung, Urbanisierung, Individualisierung,
- verschiedenen Wirtschaftsordnungen und Herrschaftssystemen
- sowie Erinnerungskulturen
beschäftigen. Die genauen Bezüge zur deutschen Vereinigungsgesellschaft sind dabei unterschiedlich ausgeprägt. So behandelt Berlin in Politikwissenschaft in der 11. Klasse die „Probleme der Deutschen Einheit“ als eigenständige Unterrichtseinheit, während die Bezüge in anderen Bundesländern teilweise weniger konkret, aber dennoch vorhanden sind. Methodisch lässt sich der Wettbewerb in allen Bereichen anwenden, in denen Interviews, Umfragen, wissenschaftliches Arbeiten, Archiv- und Quellenarbeit sowie Bibliotheks- und Internetrecherche trainiert oder außerschulische Lernorte erkundet werden sollen.
Grundsätzlich fordern alle Lehrpläne einen Bezug zur Gegenwart sowie zur Heimat- und Regionalgeschichte. Zu beidem ruft der Jugendwettbewerb explizit auf.
Tipps für weitere Materialien zum Thema
Alles vereint? 30 Jahre deutsche Einheit, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung, 2020, Themenblatt für den Unterricht:
An den freiheitlich-demokratischen Prozess der Herstellung der Einheit Deutschlands wird alljährlich am 3. Oktober feierlich erinnert. Doch bis heute reißen die Debatten zu einer fortbestehenden „Mauer in den Köpfen“ und einer vermeintlich wieder zunehmenden Spaltung des Landes nicht ab. Herausforderungen und Streitthemen sind vielfältig. Wie ist es also 30 Jahre danach um die „Einheit“ Deutschlands bestellt?
Auf insgesamt vier Arbeitsblättern stehen zahlreiche aktuelle Statistiken und Umfrageergebnisse sowie verschiedene Bild- und Textquellen zur Auseinandersetzung mit dem aktuellen Stand der deutschen Einheit zur Verfügung. Für Lehrkräfte enthält das Heft eine ausführliche Einführung ins Thema sowie methodische Hinweise zum Einsatz der Arbeitsblätter im Unterricht.
Unter: https://www.bpb.de/shop/lernen/themenblaetter/315217/alles-vereint-30-jahre-deutsche-einheit
Erwachsenwerden in Umbruchszeiten. Ein interaktives E-Magazin:
Das E-Magazin „Erwachsenwerden in Umbruchszeiten“ beleuchtet die Erfahrungswelten Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland und Polen der 1980er- und 1990er-Jahre. Wofür traten Jugendliche damals ein? Was hat sie bewegt? Und wie haben sie sich organisiert ohne Smartphone, Internet oder soziale Netzwerke?
Multimediale Inhalte, Film-, Ton- und Bildmaterialien sind unmittelbar im E-Magazin verknüpft und laden Schülerinnen und Schüler zum Entdecken ein. Die eingebundenen Elemente ermöglichen eine spannende, gegenwartsorientierte Umsetzung im Unterricht. Das E-Magazin richtet sich unmittelbar an Jugendliche und Lernende der Sek I und II.
Unter: https://www.eduversum.de/content/erwachsenwerden-umbruchszeiten
Materialsammlung des Zeitenwende-Lernportals:
Das Zeitenwende-Lernportal unterstützt eine Auseinandersetzung mit der späten DDR, der Friedlichen Revolution und der sich anschließenden gesellschaftlichen Transformation in schulischen und außerschulischen Kontexten der historisch-politischen Bildungsarbeit. Auf der Plattform gibt es eine Materialsammlung, die nach verschiedenen Begriffen gefiltert werden kann. Unter: https://zeitenwende-lernportal.de/materialsammlung/
Unterrichtsmaterial zum Film „Wir sind jung. Wir sind stark.“ (Deutschland 2015 / Spielfilm / 128 Minuten / 9.-13. Jahrgangsstufe):
Der Film spielt im Jahr 1992 und führt die Zuschauerinnen und Zuschauer in die Umbruchszeit nach der friedlichen Revolution und Wiedervereinigung. Der Handlungsort ist die Hansestadt Rostock, die Handlungszeit beschränkt sich nahezu auf einen Tag, den 24. August 1992. Eine Gruppe Jugendlicher bewegt sich gelangweilt und frustriert durch die Stadt. Höhepunkt des Films ist das tagelange Pogrom deutscher Bürger gegen Asylsuchende und Migranten in Rostock-Lichtenhagen. Das Unterrichtsmaterial des Kompetenzzentrums für Film – Schule – Kino im Land Brandenburg kann sowohl im Geschichts-, Politik- als auch im Ethik-Unterricht eingesetzt werden.
Unter: https://www.filmernst.de/Filme/Filmdetails.html?movie_id=326&what=unterrichtsmaterial
Zeitreisen 3. Zur Geschichte von Übergang und Transformation in den Neuen Bundesländern, Peter Effenberg, hrsg. v. Olaf Jacobs, 2012, DVD mit Filmen und Begleitbuch mit Arbeitsmaterialien:
In elf Zeitreisen, die für das »Nordmagazin« des NDR produziert wurden und die nun für Bildungszwecke zur Verfügung stehen, werden exemplarische Geschichten aus der Transformationszeit erzählt. Vorgestellt werden ganz private Geschichten, die immer einen Brückenschlag zu den großen gesellschaftlichen Umwälzungen bieten. So sind die Filme der »Zeitreisen 3 – Zur Geschichte von Übergang und Transformation in den neuen Bundesländern« elf ungewöhnliche Berichte aus den turbulenten Jahren des Umbruchs im Osten Deutschlands. Erstmals dokumentieren sie das Geschehen zwischen Goldgräberstimmung und Verzweiflung und halten eine unwiederbringliche Zeit der deutsch-deutschen Geschichte fest.
Online-Veröffentlichungen
30 Jahre nach dem Mauerfall – Wie es damals war, Webvideos zu 30 Jahre Mauerfall und Wiedervereinigung:
30 Jahre, 3 Videos – Für was haben sich Menschen vor 30 Jahren in der DDR eingesetzt? Wie haben sie den Mauerfall erlebt und was hat sich seitdem verändert? In zwei Videos gehen die YouTuberinnen Diana zur Löwen und Lisa Sophie Laurent diesen Fragen nach und interviewen Menschen, die in der DDR aufgewachsen sind und beim Mauerfall dabei waren. Der Musiker Eko Fresh kreiert in einem Community-Projekt aus den Gedanken, Erfahrungen und Ideen seiner Community rund um das Thema Deutsche Einheit und Mauer in den Köpfen einen Song und ein Musikvideo.
Unter: https://www.bpb.de/mediathek/300144/webvideoprojekt-30-jahre-mauerfall-und-wiedervereinigung
Dokumentarfilm „Former East / Former West“ (USA / BRD 1994, 62 Minuten):
Der Dokumentarfilm „Former East / Former West“ der amerikanischen Regisseurin Shelly Silver zeigt eine Momentaufnahme aus dem Berlin Anfang der 1990er-Jahre. Mehr als ein Jahr lang führt die Amerikanerin in Berlin, überwiegend mit Passantinnen und Passanten, hunderte Interviews zu Themen wie den Folgen der Wiedervereinigung, nationale Identität und Migration. Es wird deutlich, dass die Euphorie über den Mauerfall abebbt: Die Menschen haben Existenzängste und teilen ihre Vorbehalte gegenüber dem Kapitalismus und zwischen Ost- und Westdeutschen. Heimat, Sozialismus und Begrüßungsgeld werden ebenfalls diskutiert.
Den Film finden Sie hier: https://www.bpb.de/mediathek/311130/former-east-former-west
Eine ausführliche Filmbesprechung und ein Arbeitsblatt für Schulklassen ab der 10. Klasse finden Sie unter: https://www.kinofenster.de/filme/neuimkino/former-east-former-west-film/
East Side Stories: Gespräche über Ostdeutschland, Podcast:
In den „East Side Stories“ sprechen Menschen unterschiedlicher Generationen aus Ostdeutschland über ein sie verbindendes gesellschaftliches Thema: der Strukturwandel, Umweltschutz und migrantische Perspektiven auf die deutsche Einheit. Was hat sich in den vergangenen 30 Jahren verändert? Was ist gleichgeblieben? In insgesamt acht Folgen widmen sich die „East Side Stories“ gesellschaftlichen und individuellen Herausforderungen in Ostdeutschland von 1989 bis in die Gegenwart.
iTunes/ApplePodcast: https://apple.co/3jZV3X4; Spotify: https://spoti.fi/3m7erUz; Podbay: https://podbay.fm/p/east-side-stories
Zudem findet sich die Gespräche unter: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/mediathek
Film: „Wir wolln euch ma wat fragen!“ (Deutschland 2020, 31min):
„Wie war es in der DDR groß zu werden?“ und „Hast du darüber nachgedacht zu fliehen?“. In dem Film beantworten die Zeitzeugen Nadja Klier und Ingo Hasselbach die Fragen von Jugendlichen direkt vor Ort, an Mielkes Schreibtisch und in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt Keibelstraße. Die Tochter einer Oppositionellen und der Ex-Punk berichten aus ihrem Leben als Jugendliche in der DDR und über das Erwachsenwerden zwischen Überwachung, staatlicher Willkür, Gefängnis und Ausbürgerung.
Die Langfassung des Films darf für nicht-kommerzielle Zwecke auch im Unterricht gezeigt werden. Bei Interesse bitte einfach eine Mail an schule@bundesstiftung-aufarbeitung.de schreiben. Wir senden Ihnen dann den Link und das Passwort für die Filmvorführung im Unterricht zu.
Unter: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/vermitteln/bildung/materialien
Im vereinten Deutschland geboren – in den Einstellungen gespalten? OBS-Studie zur ersten Nachwendegeneration, Rainer Faus und Simon Storks, 2019, Studie:
Der Fall der Berliner Mauer und somit der „Startschuss“ zur Wiedervereinigung jährt sich 2019 zum 30. Mal. Wie aber sieht es heute mit der Einheit bei denjenigen aus, die die Teilung Deutschlands und „die Mauer“ gar nicht mehr selbst erlebt haben? Ist diese „Nachwende“-Generation der nach 1989 Geborenen in ihrer Haltung zur Politik, Gesellschaft und Wirtschaft tatsächlich vereint – oder immer noch gespalten? Mit diesen Fragen beschäftigt sich das vorliegende OBS-Arbeitsheft 96, das ein Forscherteam um Rainer Faus vom Beratungsinstitut Pollytix erstellt hat. Die Ergebnisse der repräsentativen Erhebung zeigen eindeutig: Die Mauer in den Köpfen existiert noch, auch wenn sie bröckelt.
Lange Wege der Deutschen Einheit, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung, Dossier mit Texten und Erklärfilmen:
Mit den hier präsentierten Beiträgen zeichnen Wissenschaftler/ -innen eines Sonderforschungsbereiches der Universitäten Jena und Halle die „langen Wege“ der deutschen Einigung nach. Mehr als 60 Wissenschaftler/ -innen erforschen seit vielen Jahren die gesellschaftlichen Entwicklungen nach dem Systemumbruch. Vergleichend untersucht werden Erscheinungsformen des Elitenwandels, die Strukturprobleme des ost- und westdeutschen Arbeitsmarktes sowie bürgerschaftliches Engagement und Formen individueller Bewältigung von sozialem Wandel.
Unter: https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-einheit/lange-wege-der-deutschen-einheit/
Meldungen der Bundesregierung zur Einheit:
Jahresberichte zum Stand der Einheit, wichtige Dokumente und Erklärungen aus den Jahren 1989 bis 1991 und weitere Informationen der Bundesregierung zur deutschen Einheit.
Unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/deutsche-einheit
Videoreihe „MitBeStimmen in Demokratie und Diktatur“:
Die Reihe „MitBeStimmen“ nimmt Möglichkeiten, Gesellschaft und Demokratien zu gestalten, in den Blick. Wie kann der Einzelne sich einbringen? MrWissen2Go Mirko Drotschmann und die Bundesstiftung schauen auf Wahlen, Parteien, Schulen und Vereine, aber auch auf Formen des Widerstands und Protests und ziehen den Vergleich zur DDR.
Unter: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/vermitteln/bildung/mitbestimmen-demokratie-diktatur
Webdokumentation „Eigensinn im Bruderland“:
Eine Webdokumentation über Migrantinnen und Migranten, die als Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter, als Studierende oder politische Emigranten in die DDR kamen und ihre eigenen Vorstellungen behaupteten. Menschen aus Äthiopien, Chile, Mosambik, der Türkei und Vietnam erzählen von ihren Erfahrungen und von ihren Kämpfen. Akten der DDR-Behörden, Bilder und Einführungstexte erläutern Hintergründe zur Migration in die DDR.
Unter: https://bruderland.de/
- Website „Deutsche Einheit interkulturell“:
Seit der Friedlichen Revolution und der deutschen Einheit sind über 30 Jahre vergangen, in denen sich die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland durch Migrations- und Globalisierungsprozesse stark verändert hat. Die Vielfalt von Herkunft, Zugehörigkeit und Identitäten spiegelt sich auch in den Schulen wider. Bislang wurde die Geschichte der deutschen Teilung, Vereinigung und Transformation im Schulunterricht zu sehr aus nationaler Perspektive beleuchtet. Durch das digitale Bildungsangebot „Deutsche Einheit interkulturell“ sollen die Sichtweisen von Menschen mit Migrationsgeschichten auf diese historischen Ereignisse und ihr Leben im wiedervereinten Deutschland besonders berücksichtigt werden.
Unter: www.einheit-interkulturell.de
WEDER OST NOCH WEST. Ein Themenschwerpunkt über die schwierige Geschichte der Transformation Ostdeutschlands, hrsg. v. Marcus Böick und Kerstin Brückweh, zeitgeschichte online, 2019, Dossier mit Texten:
Der Themenschwerpunkt widmet sich der schwierigen Geschichte der Transformation Ostdeutschlands. Hier wird aus unaufgeregter Perspektive zu Beginn des Jubiläumsreigens eine erste Bestandsaufnahme der zeithistorischen Forschungen zur langen Geschichte von 1989/90 geboten. Ebenso kommen Stimmen außerhalb der historischen Zunft zu Wort, die ihre Eindrücke und ihre Erwartungen formulieren. Die Beiträge bieten bereits ein breites Spektrum, das jedoch keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.
Unter: https://zeitgeschichte-online.de/themen/weder-ost-noch-west
Buchempfehlungen
Thomas Ahbe: Ostalgie. Zu ostdeutschen Erfahrungen und Reaktionen nach dem Umbruch, Erfurt 2016, Monografie:
Revolution und Vereinigung von 1989/90 brachten den Ostdeutschen neue Rechte und Freiheiten. Allerdings mussten sie auch tiefe Umbrüche bewältigen und etliche Verluste hinnehmen. Im öffentlichen Gedächtnis des vereinigten Deutschlands gilt diese Etappe vor allem als Erfolgsgeschichte. In ostdeutschen Erzählgemeinschaften kursieren jedoch auch andere Deutungen. Diese inoffizielle und halböffentliche Erinnerung etikettiert man oft als Ostalgie – mal als undankbare „DDR-Verklärung“, mal als „Verteidigung ostdeutscher Identität“. Das Buch reflektiert die Erfahrungen und Reaktionen der ostdeutschen Mehrheitsbevölkerung in der Transformationsphase.
Ulrich Busch und Michael Thomas (Hrsg.): Ein Vierteljahrhundert Deutsche Einheit. Facetten einer unvollendeten Integration, Berlin 2015, Sammelband:
Der Band umfasst dreizehn Beiträge, die sich insbesondere mit Fragen der unvollendeten Integration der neuen Länder in die Bundesrepublik Deutschland befassen. Indem die Autorinnen und Autoren diese Problematik sehr unterschiedlich und eigenständig angehen und dafür ausgewählte Fragen der wirtschaftlichen, demografischen, sozialen, kulturellen und politischen Entwicklung Ostdeutschlands in den Fokus nehmen, diese dann aber unter dem Aspekt ihrer Relevanz für Gesamtdeutschland diskutieren, wollen sie zur konstruktiv-kritischen Diskussion der Vereinigungspolitik der vergangenen 25 Jahre beitragen.
Kerstin Brückweh, Clemens Villinger, Kathrin Zöller (Hrsg.): Die lange Geschichte der „Wende“. Geschichtswissenschaft im Dialog, Berlin 2020, Sammelband:
Wie haben Ostdeutsche das Ende der DDR und den Systemwechsel erlebt? Wie haben sie die 1990er-Jahre bewältigt und gestaltet? Wie erinnern sie sich heute daran? Diesen Fragen ging die Forschungsgruppe »Die lange Geschichte der `Wende´. Lebenswelt und Systemwechsel in Ostdeutschland vor, während und nach 1989« aus mehreren Perspektiven nach. Auf einer Dialogreise im Januar 2020 wurden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aktiv eingebunden. Das Buch dokumentiert in einer ungewöhnlichen Verbindung von Wissenschaft, Zeitzeugenerinnerungen, Fotografie und Journalismus die Forschungsergebnisse, Reiseeindrücke und Erinnerungen an die Transformation in Ostdeutschland.
Dritte Generation Ost (Hg.): Wer wir sind, was wir wollen, Berlin 2012, Sammelband:
Das Buch beschäftigt sich mit den speziellen Umbruchserfahrungen der über 2,4 Millionen Ostdeutschen, die als Kinder und Jugendliche Mauerfall und deutsche Einheit erlebten. Als in der DDR Geborene, aber im wiedervereinten Deutschland groß Gewordene kommt ihnen eine besondere Vermittlungsposition zwischen Ost und West und zwischen den Generationen zu. Die Dritte Generation Ost entwirft Pläne für die Zukunft Deutschlands und stellt Fragen an Gleichaltrige, Ältere und Westdeutsche. Insgesamt haben 33 Menschen an diesem Buch mitgewirkt und über Vergangenes und Zukünftiges philosophiert, sich ergänzt und einander teilweise widersprochen.
Judith Enders, Mandy Schulze, Bianca Ely (Hrsg.): Wie war das für euch? Die Dritte Generation Ost im Gespräch mit ihren Eltern, Berlin 2016, Sammelband:
Die Dritte Generation Ost tritt, mit zeitlichem Abstand zur Wende, in den Austausch mit ihren Eltern. Sie sucht Antworten auf Fragen, die sie immer schon stellen wollte, für die bislang aber keine Gelegenheit oder kein Raum war. Das Themenspektrum reicht von möglichen Fluchtgedanken über die Stasi bis hin zu Studien- und Berufswahl. Auch die Umbruchszeit und das Selbstverständnis als Wendegewinner oder Wendeverlierer wird in den Blick genommen. Die Autorinnen und Autoren erzählen von ihren Gesprächen, von Hürden und Erkenntnisgewinn von Bereicherungen und von quälendem Schweigen.
Ines Geipel: Umkämpfte Zone. Mein Bruder, der Osten und der Hass, Stuttgart 2019, Monografie:
Rassismus und Hass auf »den Staat«: Verlieren wir den Osten Deutschlands? Das Buch sucht Antworten auf das Warum der Radikalisierung, ohne die aktuell bestimmende Opfererzählung nach 1989 zu bedienen. Es erzählt von den Schweigegeboten nach dem Ende der NS-Zeit, der Geschichtsklitterung der DDR und den politischen Umschreibungen nach der deutschen Einheit. Verdrängung und Verleugnung prägen die Gesellschaft bis ins Private hinein, wie die Autorin mit der eigenen Familiengeschichte erzählt.
Robert Grünbaum: Deutsche Einheit. Ein Überblick 1945 bis heute, Berlin 2010, Überblickswerk:
Die Friedliche Revolution in der DDR und die deutsche Einheit 1990 gehören zu den herausragenden Ereignissen der Geschichte. Zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands fasst Robert Grünbaum Ursachen, Rahmenbedingungen und Verlauf des Wandels zusammen und analysiert den Vereinigungsprozess und seine Auswirkungen bis in die Gegenwart.
Jana Hensel: Zonenkinder, Reinbek 2002, Monografie:
Die Autorin Jana Hensel erlebte die Umbruchsjahre als Teenager. Mit 13 fiel die Mauer, und mit einem Schlag war ihre Kindheit zu Ende. Plötzlich war der Westen überall und der vertraute DDR-Alltag und das internalisierte Weltbild waren Geschichte. Biographisch erzählt die Autorin von einer Schwebe zwischen Ost und West, in der sich eine ganze Generation befand.
Andrea Hanna Hünniger: „Das Paradies – Meine Jugend nach der Mauer“, Stuttgart 2011, Monografie:
Andrea Hanna Hünniger erzählt von ihrer Kindheit in den 1990er-Jahren in Ostdeutschland. Wie nebenbei fiel für die damals Fünfjährige die Mauer. Die Eltern schweigen auf die Frage, was denn die DDR eigentlich ist und sind zwischen Krankheit und Umschulung viel mit sich selbst beschäftigt. Die Kinder erziehen sich also selbst, in einer Kleinbaugartensiedlung, die alle „Das Paradies“ nennen. Die Perspektive aus der Generation zwischen den Eltern, deren Ideale nicht mehr existierten, und den Verheißungen einer neuen Realität.
Ilko-Sascha Kowalczuk: Die Übernahme. Wie Ostdeutschland Teil der Bundesrepublik wurde, München 2019, Monografie:
Dreißig Jahre nach dem Mauerfall ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Was genau lief im Osten ab, als er vom Westen übernommen wurde? Worin unterscheidet sich Ostdeutschland von anderen Regionen in der Bundesrepublik? Und weshalb sind Populisten und Extremisten hier so erfolgreich? Der ostdeutsche Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk stellt in seinem Buch harte Fakten neben persönliche Erfahrungen.
Ilko-Sascha Kowalczuk, Frank Ebert, Holger Kulick (Hrsg.): (Ost)Deutschlands Weg 1989 bis 2021 – 80 Studien und Essays zur Lage des Landes (2 Bd.), Berlin 2021, Sammelband:
Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Deutschland, wie es sich viele DDR-Bürgerinnen und DDR-Bürger 1989/90 erträumten, haben sich mehr Gräben und Hürden aufgetan, als vorab vermutet. 90 Autorinnen und Autoren nehmen eine Bestandsaufnahme des Transformationsprozesses Deutschlands vor, insbesondere jenes Prozesses im Osten der Bundesrepublik, und geben zugleich einen Überblick über den Stand der Deutschlandforschung. Beleuchtet werden zahlreiche Einzelfelder, so z. B. Politik, Soziales, Sport und Generationenkonflikte.
Steffen Mau: Lütten Klein – Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft, Berlin 2019, Monografie:
30 Jahre nach 1989 zieht Steffen Mau, der aus dem Rostocker Stadtteil Lütten Klein stammende Soziologe, Bilanz. Er spricht mit Weggezogenen und Dagebliebenen, er schaut zurück auf das Leben in einem Staat, den es nicht mehr gibt. Wie veränderte sich die Sozialstruktur, wie die Mentalitäten? Was sind die Ursachen für Unzufriedenheit und politische Entfremdung in den neuen Ländern? Wie wurde aus der Stadt, in der er gemeinsam mit Kindern aller Schichten seine Jugend verbrachte, ein Ort sozialer Spaltung? Viele der Spannungen, so sein Fazit, die sich in Ostdeutschland beobachten lassen, haben ihren Ursprung in der DDR-Zeit. Doch wurden sie durch die Transformation nicht aufgehoben. Vielmehr verschärften sie sich zu gesellschaftlichen Frakturen, die unser Land bis heute prägen.
Sabine Michel/Dörte Grimm: Die anderen Leben: Generationengespräche Ost, Berlin 2020, Monografie:
30 Jahre nach dem Mauerfall dokumentieren die Regisseurinnen Sabine Michel und Dörte Grimm zehn verschiedene generationenübergreifende und ehrliche Gespräche zwischen „Wendekindern“ und ihren Eltern. Die Familien gehen in den direkten Austausch und die Auseinandersetzung mit ihrer individuellen Geschichte. Diese Debattenkultur hilft nicht nur aktuelle politische Strömungen und Entwicklungen in den neuen Bundesländern besser zu verstehen, sondern auch die Spätfolgen dreier politischer Systeme.
Johannes Nichelmann: Nachwendekinder. Die DDR, unsere Eltern und das große Schweigen, Berlin 2019, Monografie:
Der Hörfunk-Journalist Johannes Nichelmann begibt sich auf die Suche nach Antworten zum individuellen Leben in der DDR, dem Land das ihn prägte, an das er aber keine Erinnerung hat. Er führt Gespräche mit jungen Ostdeutschen und dokumentiert einen schmerzhaften und ehrlichen generationenübergreifenden Dialog. Widersprüchliche Erfahrungen und Sichtweisen, die über schwarz-weiß Malerei zwischen Stasigefängnissen und Sommerausflügen an Brandenburger Seen hinausgehen, zeigen die Relevanz und Schwierigkeit der innerfamiliären Aufarbeitungsversuche und Identitätssuche der Nachwendekinder.
Sabine Rennefanz Eisenkinder. Die stille Wut der Wendegeneration, München 2013, Monografie:
Die Journalistin Sabine Rennefanz wirft einen autobiografischen Blick auf ihre Erfahrungen der Nachwendezeit. Sie erzählt davon, den Halt verloren zu haben und für radikale Ideen anfällig geworden zu sein. Und sie erzählt von der Wut einer ganzen Generation: der Eisenkinder. Auch die drei rechtsradikalen Mitglieder des NSU-Komplexes Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe, die ihre terroristischen und menschenverachtenden Taten hauptsächlich in Thüringen verübten, waren Teil der Wendegeneration und stammten aus einem ähnlichen Milieu wie Sabine Rennefanz.
Die Autorin – eine ehemals radikale Evangelikale – sucht nach Parallelen zwischen ihrer Biografie und den Lebenswegen der Neonazis aus der Zwickauer Zelle.
Andreas Rödder: Geschichte der deutschen Wiedervereinigung, München 2018, Überblickswerk:
Knapp und präzise führt Andreas Rödder in diesem Band in die Geschichte der deutschen Wiedervereinigung ein. Sein Band schildert den Gang der Ereignisse vom Vorabend der friedlichen Revolution bis zur Einheit durch Beitritt, fragt nach den Herausforderungen, Leistungen und Versäumnissen der Wiedervereinigung und benennt die wichtigsten Akteure.
Claudia Rusch: Aufbau Ost – Unterwegs zwischen Zinnowitz und Zwickau. Frankfurt 2009, Monografie:
Zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung unternimmt Claudia Rusch eine Spurensuche durch die damaligen fünfzehn Bezirke der ehemaligen DDR und erzählt daraus fünfzehn Geschichten. Sie schreibt von Vergangenheit, die bis in die Gegenwart und Zukunft hineinreicht und portraitiert ein Land, zwischen Aufbruch und Aufbau, auf seinem Weg in eine neue Realität.
Martin Sabrow (Hrsg.): Die schwierige Einheit, Leipzig 2016, Sammelband:
Der Sammelband befasst sich mit dem Zusammenwachsen der geteilten deutschen Nation nach 1989, aber auch mit den Grenzen der Annäherung und den fortwirkenden Bürden der Teilungsgeschichte. Die einzelnen Beiträge analysieren die Hoffnung auf ein zweites Wirtschaftswunder, die den Weg in die Einheit begleitete; sie diskutieren die Veränderungen im Parteiensystem und die sozialstaatlichen Belastungen der staatlichen Vereinigung, sie mustern Konfliktfälle wie den deutsch-deutschen Kunststreit und die Debatte um den Begriff „Unrechtsstaat“, und sie fragen nach den Folgen des Umbruchs von 1989/90 für die Generationsbildung.
Richard Schröder: Irrtümer über die deutsche Einheit, Freiburg u. a. 2014 (auch in der Bundeszentrale für politische Bildung erhältlich), Monografie:
Die Ausgestaltung der am 3. Oktober vollzogenen deutschen Einheit wird auch nach fast zweieinhalb Jahrzehnten kontrovers diskutiert. Richard Schröders Buch beleuchtet systematisch und faktenbezogen die langlebigen oder neu entstandenen Topoi von „Irrtümern“, Unzulänglichkeiten, Versäumnissen oder Fehlentwicklungen sozialer oder ökonomischer Art. Schröder schreibt gegen Ostalgie wie gegen westliche Überheblichkeit an. Er plädiert für den Maßstab des Machbaren, für die Freude über das Erreichte und einen sachlichen, gerechten Umgang mit den offen gebliebenen Fragen und Wünschen.
Ira Spieker (Hrsg.): Umbrüche – Erfahrungen gesellschaftlichen Wandels nach 1989, Dresden 2019, Sammelband:
Die »Friedliche Revolution« und die Vereinigung der beiden deutschen Staaten bedeuteten einen tiefen historischen Einschnitt, dessen Folgen bis heute nachwirken. Das Buch nimmt bislang wenig bekannte Facetten der Zeit nach 1989/90 in den Blick und beleuchtet die damit verbundenen Erfahrungen und Interpretationen. Die einzelnen Beiträge thematisieren individuelle und kollektive Transformationserfahrungen ebenso wie die institutionellen Veränderungen und Wandlungen der Erinnerungskultur. So entsteht das Bild eines Umbruchprozesses, dessen Widersprüchlichkeit der Vorstellung einer geradlinigen Umgestaltung entgegensteht.
Zeitzeugenportale
Passende Zeitzeug/-innen lassen sich oftmals im direkten Umfeld finden. Es gibt aber auch Online-Portale, die Zeitzeug/-innen versammeln:
- Zeitzeugenbüro der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, www.zeitzeugenbuero.de
Hier finden Sie Zeitzeug/-innen, die über die DDR, die deutsche Einheit und die folgenden Entwicklungen berichten können.
Auf dem Portal sind Zeitzeug/-innen aus allen Bundesländern verzeichnet. Suchfunktionen (bspw. das Schlagwort Deutsche Einheit)
unterstützen Sie bei der Auswahl. Die Zeitzeug/-innen können über das Portal direkt angeschrieben werden. Viele der Zeitzeugen berichten oft
über ihre Erlebnisse zu DDR-Zeiten. Auf Nachfrage können sie aber sicherlich auch über ihre Erlebnisse seit 1989/90 berichten. - Zeitzeugenpool des Zeitenwende-Lernportals, www.zeitenwende-lernportal.de/zeitzeugenpool
Hier sind Zeitzeug/-innen versammelt, die davon berichten, wie sie ihre Kindheit und Jugend in der späten DDR verbrachten,
die Friedliche Revolution erlebten und die anschließenden Umbruchzeiten wahrnahmen. Diese Zeitzeug/-innen wohnen heute
meist in Berlin oder Brandenburg. Einige von ihnen sind aber sicherlich auch für ein Skype-Gespräch bereit, wenn dies angefragt wird. - Koordinierendes Zeitzeugenbüro, www.ddr-zeitzeuge.de
Hier finden Sie DDR-Zeitzeug/-innen, die heute in ganz Deutschland verteilt leben. Sie können online nach passenden Zeitzeug/-innen recherchieren
und sich an die Mitarbeiter/-innen der Plattform wenden. Diese beraten Sie auch bei der Finanzierung von Zeitzeugengesprächen.
Glossar wichtiger Begriffe
Arbeitslosigkeit
Mit der deutschen Einheit 1990 vollzogen sich weitreichende wirtschaftliche Veränderungen in Ostdeutschland. Wegen der Umstellung von der Plan- zur Marktwirtschaft mussten viele Betriebe schließen, ostdeutsche Produkte verloren ihren Absatzmarkt und Geschäfte konnten sich nicht gegen die starke Konkurrenz aus dem Westen durchsetzen. In der Folge stieg die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland in den frühen 1990er-Jahren dramatisch an: In der Industrie verloren über zwei Drittel der Angestellten ihren Job. Vierzig Prozent aller Beschäftigten in Ostdeutschland waren bis 1996 mindestens einmal arbeitslos – Frauen noch häufiger als Männer. Viele Menschen zogen auf der Suche nach Arbeit in den Westen. Was im Großen als „Strukturwandel“ bezeichnet werden kann, hatte im Kleinen für den Einzelnen oft schwere Einschnitte in die eigene Biographie und die persönliche Lebensplanung zur Folge. Berufswechsel, Umschulungen oder Frühverrentung betrafen sogar drei Viertel aller ostdeutschen Beschäftigten. Die mit dem Strukturwandel verbundene Unsicherheit machte vielen Menschen zu schaffen und beeinflusste noch ihr späteres Leben. Viele schämten sich zudem dafür, arbeitslos zu sein oder Sozialleistungen vom Staat zu erhalten, auch wenn sie nichts für den Verlust ihrer Arbeit konnten. Erst seit 2005 sinken die Arbeitslosenzahlen in Ostdeutschland. 2018 lagen sie nur noch zwei Prozentpunkte über denen in Westdeutschland.
Aufbauhelfer/-innen
Mit der Wiedervereinigung wurde Ostdeutschland Teil eines bereits existierenden Landes, der Bundesrepublik Deutschland. Um das bundesdeutsche Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem zu übertragen, wurden bis 1995 mindestens 35.000 westdeutsche hohe Beamte nach Ostdeutschland berufen. Dabei hatte jedes „neue Bundesland“ ein westdeutsches Patenland, das die entsprechenden „Aufbauhelfer Ost“ entsandte. Damit der Anreiz für einen Arbeitsplatzwechsel höher war, wurde dieser oftmals mit einem beruflichen Aufstieg und Sonderzahlungen verbunden. Aus dem anfänglich zeitlich begrenzten Vorhaben entwickelten sich feste Strukturen und viele der Aufbauhelfer/-innen blieben dauerhaft.
Blühende Landschaften
Helmut Kohl, Bundeskanzler von 1982 bis 1998, sagte in seiner Fernsehansprache zum Tag der Deutschen Einheit am 3.10.1990: „Durch unsere gemeinsamen Anstrengungen, durch die Politik der Sozialen Marktwirtschaft werden schon in wenigen Jahren aus Brandenburg, aus Mecklenburg-Vorpommern, aus Sachsen, aus Sachsen-Anhalt und aus Thüringen blühende Landschaften geworden sein.“ Seither wird darüber diskutiert, inwieweit Kohls Aussage Realität geworden ist. Die Erfolge der Vereinigung sind unübersehbar. Viele Menschen empfanden Kohls Vision aber auch als leeres Versprechen. Denn in Ostdeutschland zeigten sich neben den Erfolgen der Einheit auch die negativen Folgen der Umbruchszeit, wie die starke Arbeitslosigkeit und der Weggang vieler Menschen aus dem Osten. Schaut man aber beispielsweise auf den Umweltschutz, kann durchaus von einem „Aufblühen ostdeutscher Landschaften“ gesprochen werden. Denn in der DDR war die Umweltverschmutzung ein großes Problem: Die Luft war stark verunreinigt, Gewässer belastet und der Braunkohletagebau hatte ganze Landschaften zerstört. Nach dem Fall der Mauer organisierten ost- und westdeutsche Umweltschützerinnen und Umweltschützer gemeinsam neue Schutzmaßnahmen. Andere Beispiele für ein Aufblühen können in Stadtsanierungen und dem Aufbau neuer Infrastrukturen gesehen werden. Über „blühende Landschaften“ kann also in Bezug auf ganz verschiedene Gebiete und Themenfelder kontrovers diskutiert werden.
Ostalgie
Die Wortneuschöpfung „Ostalgie“ setzt sich aus den Begriffen „Osten“ und „Nostalgie“ zusammen. Verstanden wird darunter meist eine Sehnsucht nach bestimmten Lebensformen und Gegenständen aus der DDR. So kamen in den 1990er-Jahren beispielsweise Ostalgie-Partys auf und es entstand ein Markt für den Verkauf von DDR-Produkten sowie Souvenirs, die an das Leben in der DDR erinnern. Das Phänomen der „Ostalgie“ spiegelt einerseits das Bedürfnis von ehemaligen DDR-Bürgerinnen und Bürgern wider, Erfahrungen und Erinnerungen an ein früheres Leben zu bewahren und im Austausch darüber zu bleiben. Andererseits geht dies aber auch mit einer zunehmend positiven Betrachtung der DDR-Vergangenheit einher. Kritikerinnen und Kritiker werfen der „Ostalgie-Bewegung“ eine Verharmlosung der SED-Diktatur und ihrer Repressalien vor. Das schwierige Leben unter der Diktatur werde außer Acht gelassen und das Leben in der DDR verklärt. Über das Phänomen der „Ostalgie“ wird viel diskutiert. Eine klare Definition des Begriffs existiert allerdings nicht.
Ost-West-Wanderung
Seit der deutschen Teilung verließen Millionen Menschen die DDR in Richtung Westen. Der Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 durch das SED-Regime stoppte diese Massenflucht. Eine zweite große Wanderungswelle setzt nach dem Mauerfall ein. In vielen Regionen der DDR wurden Betriebe geschlossen, die Arbeitslosigkeit stieg dramatisch an. Im Westen dagegen war der Bedarf an Arbeitskräften groß. Insgesamt verließen 1989 und 1990 rund 800.000 Menschen den Osten. Eine dritte große Wanderungswelle fand um die Jahrtausendwende statt. In der Hoffnung auf ein besseres Leben im Westen zogen vor allem junge Menschen, Frauen und gut Ausgebildete aus Ostdeutschland weg. Die Stadt Hamburg nahm circa 190.000 Ostdeutsche auf und ist damit das beliebteste Ziel im Westen. Die fast dreißig Jahre währende Abwanderung stoppte im Jahr 2017. Zum ersten Mal zogen mehr Menschen von West nach Ost als andersrum. Beliebt sind vor allem Städte wie Potsdam, Leipzig und Görlitz.
Rechtsextremismus
Nach der deutschen Einheit erlebte die gesamte Bundesrepublik und insbesondere Ostdeutschland eine Welle rechtsextremer Gewalt. Gründe hierfür lagen unter anderem im verharmlosenden Umgang der SED-Diktatur mit Rechtsextremismus, in einem latenten Rassismus in der DDR und in den Ereignissen der Umbruchszeit ab 1989. Rechtsextremist/-innen aus Westdeutschland warben damals gezielt Mitglieder und Wähler/-innen in den neuen Bundesländern. In den neunziger Jahren zogen dann rechte Parteien erstmals in ostdeutsche Landtage ein. Besonders bestürzend waren die rechtsextremen Gewalttaten während der frühen 1990er-Jahre. 1991 überfielen Rechtsextreme in Hoyerswerda unter dem Beifall von Zuschauer/-innen die Unterkünfte mosambikanischer Vertragsarbeiter/-innen. In Rostock-Lichtenhagen attackierten sie 1992 tagelang die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber. Die Polizei griff nur unzureichend ein und schaffte es nicht, die pogromartigen Angriffe zu unterbinden. Aber auch in Westdeutschland gab es Übergriffe. Bei Brandanschlägen im November 1992 in Mölln und im Mai 1993 in Solingen wurden acht Menschen getötet, weitere wurden schwer verletzt. Die Übergriffe und Morde riefen bundesweit Bestürzung und Solidarität hervor. Unter dem Hashtag „Baseballschlägerjahre“ haben in den letzten Jahren Betroffene versucht, auf ihre gewaltvollen Erlebnisse aus dieser Zeit aufmerksam zu machen. Auch heutzutage werden in Deutschland wieder vermehrt rechtsextreme Taten verübt, die ein Angriff auf die verfassungsrechtliche Demokratie und die Menschrechte sind.
Transformation
Das Wort Transformation stammt ursprünglich aus dem Lateinischen (transformare) und bedeutet Umwandlung, Umformung, Verwandlung oder Veränderung. Der Begriff wird in den unterschiedlichsten Bereichen verwendet, vor allem um physikalische, mathematische oder biologische Verwandlungen zu beschreiben. Doch auch in der Politik- und Sozialwissenschaft findet er Anwendung. Transformation beschreibt dort grundlegende Veränderungen in der politischen und gesellschaftlichen Ordnung eines Staates. Die Zeit nach dem Ende der DDR und dem Zerfall des „Ostblocks“ wird als „postkommunistische Systemtransformation“ bezeichnet. Für Ostdeutschland bedeutet dies, dass sich ein Wandel von einer Diktatur hin zu einer Demokratie vollzog. Es wurde eine neue wirtschaftliche, politische, rechtliche und verwaltungstechnische Struktur eingeführt. Diese Veränderungen hatten tiefgehende Auswirkungen auf den Alltag und das Leben der Menschen.
Transformation des DDR-Schulsystems
Mit der deutschen Einheit mussten auch zwei sehr unterschiedliche Bildungssysteme zusammengeführt werden. Neue Schulgesetze in den ostdeutschen Bundesländern enthielten nun u.a. das Recht auf Bildung und den gleichen Zugang zur Schule unabhängig von der Herkunft und dem sozialen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler. Zudem regelten sie die verschiedenen Schularten, die an die Stelle der früheren Einheitsschule traten, sowie die erweiterten Mitbestimmungsrechte für Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler. Die Lehrerinnen und Lehrer wurden zu einem großen Teil übernommen, standen jedoch vor der Herausforderung, sich schnell den Veränderungen anpassen zu müssen und parallel weiter zu unterrichten. Zudem mussten sie sich kritisch mit dem erlernten Wissen aus der DDR auseinandersetzen. Teilweise kam es zu Entlassungen aufgrund einer Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Während es für manche Fächer zu viele Lehrkräfte gab – so z. B. in den Fächern „Staatsbürgerkunde“, „Russisch“, „Technisches Zeichnen“, „Einführung in die sozialistische Produktion“ oder „Produktive Arbeit“ – fehlten an anderer Stelle Lehrkräfte, die den hohen Bedarf an modernen Fremdsprachen, allen voran Englisch, bedienen konnten.
Vertragsarbeiter/-innen
In den 1960er-Jahren entstand ein Fachkräftemangel in der DDR. Einer der Gründe dafür war die Abwanderung bzw. Flucht von Millionen Menschen aus dem Osten in die Bundesrepublik. Zwischen 1967 und 1986 schloss die DDR-Regierung Abkommen mit unterschiedlichen sogenannten Bruderstaaten – anderen, ebenfalls sozialistischen Ländern. Dies waren Algerien, Angola, China, Kuba, Mongolei, Mosambik, Nordkorea, Polen, Ungarn und Vietnam.
Die ausländischen Arbeiter/-innen sollten in die DDR kommen, eine Ausbildung erhalten und dort arbeiten. Die Verträge dauerten meist zwei bis fünf Jahre – ein langfristiger Aufenthalt in der DDR war nicht vorgesehen. Danach sollten die Arbeiter/-innen zurück in ihre Heimatländer kehren, um bei deren Aufbau zu helfen.
Viele von ihnen kamen mit der Hoffnung auf gute Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Oft wurden sie aber enttäuscht und als billige Arbeitskräfte genutzt. Die DDR-Regierung wollte den Kontakt zwischen DDR-Bürger/-innen sowie den Vertragsarbeiter/-innen begrenzen. Letztere mussten meist auf engem Raum in gesonderten Wohnheimen leben. Schwangeren Frauen drohte bis 1988 eine direkte Abschiebung. Die Gesamtzahl ausländischer Vertragsarbeiter/-innen für 1989 wird auf 91.000–94.000 geschätzt.
Mit dem Mauerfall, der Wiedervereinigung und dem Ende der DDR verloren die Staatsverträge ihre Grundlage. Viele Vertragsarbeiter/-innen kehrten in ihre Herkunftsstaaten zurück. Jene, die bleiben wollten, mussten für ihre Rechte kämpfen und wurden strukturell stark benachteiligt. Im Jahr 1997 wurden sie rechtlich mit den Arbeitsmigrant/-innen in der Bundesrepublik, den sog. Gastarbeiter/-innen, gleichgestellt und ihr Aufenthaltsstatus geklärt.
Wende
Wer sich heute mit der Zeit von 1989/90 beschäftigt, wird vor allem mit dem Wort Wende konfrontiert. Der Begriff hat sich im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt. Ursprünglich kommt er aus dem sportlichen und technischen Bereich. Seit den 1980er-Jahren wurde er auch in der Politik verwendet. Doch was nur Wenige wissen: Das Wort Wende in Bezug auf die DDR wurde von Egon Krenz, dem neuen SED Partei-Chef und Nachfolger von Erich Honecker, geprägt. Er nutze es in seiner Antrittsrede vom 18.10.1989, um eine Neuausrichtung der Politik in der DDR auszurufen und so auf Massenflucht und Proteste im Land zu reagieren. Nicht nur wegen der Zuschreibung zu Egon Krenz ist das Wort Wende umstritten. Es beschreibt den folgenden radikalen Systemumbruch nur unzureichend. Eine Wende im politischen Sinne kommt von „oben“, während eine „Revolution“ „von unten“ gemacht wird und das Ziel hat, die Machthaber zu stürzen. Bürgerrechtler und Bürgerrechtlerinnen jener Zeit und auch Vertreter der Aufarbeitungslandschaft favorisieren daher den Begriff Friedliche Revolution. Dieser rückt die massenhaften Proteste und demokratischen Kämpfe der Bevölkerung beim Sturz des SED-Regimes in den Mittelpunkt. Befürworter des Wende-Begriffs argumentieren hingegen, dass dieser wesentlich offener sei und die unterschiedlichen biografischen Erfahrungen der gesamten Bevölkerung besser widerspiegele.
Ausstellung »Umbruch-Ost. Lebenswelten im Wandel«
Für die vertiefende Arbeit mit dem Thema stellt die Bundesstiftung Aufarbeitung und der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Bundesländer die Ausstellung „Umbruch-Ost. Lebenswelten im Wandel“ zur Verfügung. Sie widmet sich dem Alltag der deutschen Einheit seit 1990. Im Zentrum stehen dabei die Umbruchserfahrungen der Ostdeutschen. Die 20 Tafeln umfassende Ausstellung steht als Poster-Set im Format DIN A1 für die historisch-politische Bildung zur Verfügung und kann online bestellt werden. Alle Informationen zur Ausstellung finden Sie auf der Webseite www.umbruch-ost.de.
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